„Hier gibt es Recht und Gesetz, das ist so positiv!“

„Hier gibt es Recht und Gesetz, das ist so positiv!“

04. Juli 2016

Ottobrunner Flüchtlinge im Gespräch - SPD lädt Betroffene und Bürger zum Kennenlernen in den Ratssaal

Mit Flüchtlingen reden, statt über sie. Das hatte sich die SPD Ottobrunn vorgenommen und dafür vier Flüchtlinge, zwei Helferinnen und alle interessierten Bürgerinnen und Bürger in den Ratssaal im Wolf-Ferrari-Haus eingeladen. Rund 200 Ottobrunner kamen und ließen sich von Samba aus dem Senegal, Rony aus Syrien, der Iranerin Hoda und Naser aus Jordanien über ihre Fluchtgründe, ihr Leben in Ottobrunn und ihre Zukunftsträume erzählen.

(Vizelandrätin Annette Ganssmüller-Maluche im Gespräch mit Samba (rechts) und Rony)

(Vizelandrätin Annette Ganssmüller-Maluche im Gespräch mit Samba (rechts) und Rony)

Die stellvertretende Landrätin Annette Ganssmüller-Maluche, die die Veranstaltung moderierte, beklagte, es gebe so viele Gerüchte über Flüchtlinge und so wenig echte Information. „Immer wieder sagen mir Leute, ‚Ich habe gehört, dass …‘ - und was dann kommt, stimmt nie!“, empörte sich die SPD-Politikerin. Deshalb sei es vorbildlich, den direkten Kontakt mit Flüchtlingen zu suchen.

(Die stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Sabine Athen begrüßte die Gäste im Ratssaal des Wolf-Ferrari-Hauses)

(Die stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Sabine Athen begrüßte die Gäste im Ratssaal des Wolf-Ferrari-Hauses)

Die Schicksale der Vier, die sich den Fragen stellten, sind ganz unterschiedlich. Während der 38-jährige Samba noch mitten im Asylverfahren steckt und bei einer Gartenbaufirma in Höhenkirchen-Siegertsbrunn arbeitet, wird der 42 Jahre alte Religionswissenschaftler und Salafismus-Experte Naser demnächst im Auftrag des Bayerischen Kultusministeriums Islamunterricht an Schulen anbieten.

Die 30 Jahre alte Hoda, die im Iran bereits Geschichte und Erziehungswissenschaften studiert hat, und aus politischen Gründen flüchten musste, durchläuft gerade eine Ausbildung zur Erzieherin bei einem Ottobrunner Kindergarten. Und Rony, der als einziger der vier Flüchtlinge bereit war, sich bei der Veranstaltung fotografieren zu lassen, wird in einer großen Hotelkette zum Hotelfachmann weitergebildet.

Rony, dessen christliche Familie von den Islam-Terroristen des IS aus Syrien vertrieben wurde, spricht nach dreieinhalb Jahren in Deutschland nahezu perfekt deutsch. „Ottobrunn ist vom Gefühl her ein sehr warmer Ort“, schilderte er. Der Helferkreis Asyl hat ihm geholfen, eine Wohnung zu finden. Seit 2015 sind auch seine Eltern und sein Bruder in Deutschland. Sie leben in Hessen.

(Großes Interesse an dem Thema Flüchtlinge, selbst auf der Empore waren die Plätze besetzt)

(Großes Interesse an dem Thema Flüchtlinge, selbst auf der Empore waren die Plätze besetzt)

Claudia Bernardoni, ehrenamtliche Sprecherin des Helferkreises, und Diakonin Ursula Zenker, die sich besonders um minderjährige Flüchtlinge kümmert, gaben ebenfalls Auskunft über die Situation Flüchtlinge in Ottobrunn und Umgebung. Immer wieder müssen sie ihren Schützlingen helfen. „Der Weg zum Mitglied in unserer Gesellschaft ist mit Formularen gepflastert“, seufzte Bernardoni.

Übereinstimmend berichteten alle vier Flüchtlinge, dass sie bislang keinerlei negative Erfahrungen mit Fremdenfeindlichkeit gemacht hätten. Samba lobt vor allem seinen Chef und dessen Frau: „Sie sind nette Leute, die mir sehr helfen.“ Auch Hoda hat sich gut eingelebt. Am größten war für sie die Umstellung auf das deutsche Zeitgefühl: „Diese Pünktlichkeit, diese Genauigkeit, alles ist exakt. Im Iran sehen wir das ganz locker“, sagte sie unter dem Gelächter der Zuhörer, unter denen sich auch Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer befand. Und Rony freute sich sogar über einen Zehn-Euro-Strafzettel für das Missachten einer roten Fußgängerampel: „Hier gibt es Recht und Gesetz, das ist so positiv!“

(Auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung gingen die Gespräche intensiv weiter.)

(Auch nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung gingen die Gespräche intensiv weiter.)

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